Das LutherWiki gibt ist auch als WhatsApp-Kanal. Hier abonnieren und immer Sonntags was Neues erfahren.

Stadtkirche St. Marien

Aus LutherWiki

Die Stadtkirche St. Marien ist das älteste Bauwerk Wittenbergs und das einstige geistliche Zentrum der Stadt. Hier hat Martin Luther ab 1512 gepredigt, hier wurde die Heilige Messe das erste Mal auf Deutsch (Frühneuhochdeutsch) gefeiert, hier wurde die Ehe mit Katharina von Bora und Martin Luther vollzogen und auch die 6 Kinder, die aus dieser Ehe hervorgingen, wurden hier getauft. Dieser Kirche fallen somit zahlreiche Schlüsselpositionen hinsichtlich der Reformationsgeschichte zu. Besonders deutlich zeigt sich das in ihrer Bezeichnung als "Mutterkirche der Reformation".

Ihre erste Erwähnung geht nachweislich auf das Jahr 1187 zurück. Damals war sie noch ein schlichter Holzbau, nicht größer als eine Kapelle. Machen wir uns bewusst, dass zu jener Zeit Slawen und Flamen die Region um Wittenberg besiedelten, können wir davon ausgehen, dass ihr Bau damals auf einer dieser beiden Volksstämme zurück geht.

Wink: Die Seite über die Stadtkirche St.Marien scheint noch unvollständig zu sein. Erstellen Sie hier Ihr kostenloses Benutzerkonto und fügen Sie Ihr Wissen hinzu!

Stadtkirche St. Marien im 13. - 15. Jahrhundert

13. Jahrhundert

Um das Jahr 1280 wird der Altarraum und das südliche Seitenschiff gebaut. Finanziert wird diese Kirchenerweiterung durch einen, für die Jahre 1281-1285 ausgeschriebenen Ablass. In der Praxis sah das so aus, dass jeder Gläubige, der nach Wittenberg zur Stadtkirche kam und wahrhaftig seine Sünde bereut und zusätzlich noch ein Opfer bringt, eine Minderung seiner Busstrafen erhält. Eine derartige Finanzierung von Kirchenbauten geht auf das Jahr 1053 zurück, in dem 4 Bischöfe in Südfrankreich einen solchen Ablass (erstmalig?) anboten. [1]

Um 1293 wird die Stadtkirche nach der am meisten verehrten Heiligen des Mittelalters benannt: der Heiligen Maria und trägt seitdem den Namen ihrer Schutzheiligen "St.-Marien-Kirche". [1]

Das einstige Frönen des mittelalterlich-katholischen Kultus kann man sich so vorstellen: an zahlreichen Altären wurden von herumschreitenden Priestern (Altaristen) in Messegewändern vormittags Stillmessen gelesen. Weihrauchschwaden durchzogen das Innere der Stadtkirche, während die Gläubigen in stiller Andacht knieten, und Chöre die mittelalterlichen Sakramentslieder (Pange lingua gloriosi) sangen. [2]

14. Jahrhundert

Um die Jahre 1290-1304 (1440?) wurde die Schmähplastik "Wittenberger Sau", an der Nordfassade der Stadtkirche angebracht. Sie sollte die bis dato vertriebenen Juden vor einer Neuansiedlung in Wittenberg abhalten. [3]

15. Jahrhundert

Um 1412 muss die Stadtkirche saniert werden, weil ihr Zustand baufällig ist. Wieder wird ein Ablass ausgeschrieben, diesmal für 49 Tage auf 6 Jahre. [1] Der schon bestehende Altarraum wird dabei um ein Hauptschiff ergänzt. An ihn fügt man zusätzlich 2 Seitenschiffe. So wird aus dem ehemaligen Langhaus eine dreischiffige Halle. Das aufschlussreiche Tagebuch eines schwedischen Studenten, welches zwischen 1667-1670 verfasst wurde, beschreibt, dass es insgesamt 5 Emporen gab, von denen zwei für die Studentenschaft bestimmt waren. [2]

Die beiden 66 Meter hohen Türme dürften ebenfalls in die Bauphase Anfang des 15. Jahrhunderts fallen. Helmar Junghans informiert den interessierten Leser in seinem Buch "Wittenberg als Lutherstadt" allerdings auch, dass bereits im 14. Jahrhundert unter Rudolf I. die mächtige Westanlage mit den beiden Türmen errichtet wurde. [1]

16. Jahrhundert

Am 18. Oktober 1502 findet in der Stadtkirche die feierliche kirchliche Einweihung der Universität Leucorea statt. Die deutsche Weihepredigt hält der Torgauer Stadtpfarrer Nikolaus Schreyter. Zusätzlich wird an diesem Tag der damalige Leibarzt des Kurfürsten Friedrich dem Weisen Martin Pollich von Mellerstadt zum Gründungsrektor gewählt. [2]

Ab 1512 tritt Luther seine Predigeranstellung an. Ganz freiwillig tut er das nicht. Vielmehr wird er vom Rat der Stadt beauftragt. Sein Vorgänger, der Stadtpfarrer Simon Heinz aus Brück [4] ist schon länger dem Amt gesundheitlich nicht mehr gewachsen. Luther vertrat ihn in der Vergangenheit bereits des Öfteren und berichtet später über seine Anstellung:

"dass er dieses Predigtamt nicht von sich selber angenommen habe, sondern hierzu gefordert und wider seinen Willen erwählt worden sei."

Im Sommer 1516 beginnt Luther damit den Gläubigen von der Kanzel aus die 10 Gebote auszulegen. [2]

Bildersturm

Als Bildersturm des Jahres 1522 wird jener Abschnitt der Wittenberger Reformationsgeschichte bezeichnet in der, initiiert vom Theologen und Reformator Andreas Rudolff Bodenstein, genannt Karlstadt, eine neue Kirchenordnung beschlossen wurde. [5] Ihr Hauptmerkmal ist die Verbannung christlicher Bildwerke wie Gemälde, Skulpturen und Kirchenfenster mit der Darstellungen Christi und den Heiligen.

Die Argumentation der Bilderstürmer bezieht sich auf das Erste der 10 Gebote. Darin heißt es:

Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist: Bete sie nicht an und diene ihnen nicht!

Martin Luther weilt zu jener Zeit noch als Junker Jörg auf der Wartburg.

**!** Der Absatz über den Bildersturm enthält noch relativ wenig Informationen. Vielleicht wissen Sie mehr darüber.
Erstellen Sie hier Ihr kostenloses Benutzerkonto und teilen Sie Ihr Wissen mit Anderen!
Schmalkaldischer Krieg

Während des Schmalkaldischen Kriegs von 1546-1547 wurden die beiden gemauerten, spätgotischen Spitztürme abgenommen und Kanonen zur Verteidigung Wittenbergs aufgestellt.

1556 werden die Türme durch die noch heute im Original erhaltenen, achteckigen Turmhäuser, bzw. Dächer vervollständigt und mit Renaissancehauben bekrönt. [6] Im selben Jahr erhält der Südturm eine Turmuhr und der Nordturm eine Türmerwohnung. Sie wird zuletzt in den Jahren 1896-1945 von der Familie Otto bewohnt. Nach dem Tod ihres Mannes Herrmann Otto 1921, lebt seine Frau Anna als letzte Türmerin bis 1945 in der Türmerwohnung. [7]

Kirchplatz

Bugenhagenhaus

Johannes Bugenhagen, auf Grund seiner Herkunft auch "Doctor Pomeranus" genannt, ist ein enger Weggefährte Martin Luthers und neben Philipp Melanchthon und Caspar Cruciger Hauptakteuer der Wittenberger Reformation. Er war Luthers Beichtvater, schloss die Ehe zwischen Luther und Katharina von Bora und taufte die 6 Kinder des Ehepaars. Auch hielt er die Grabrede zu Luthers Beerdigung im Jahr 1546. [8]

Ab 1523-1557 war er Stadtpfarrer, Superintendent und predigte neben Martin Luther in der Stadtkirche St. Marien. Als erster evangelischer Pfarrer bewohnte er das Pfarrhaus in direkter Nachbarschaft zur Stadtkirche (Kirchplatz 9). Es wird später das Bugenhagenhaus genannt.

Das dreigeschossige Gebäude stammt aus dem 15. Jahrhundert. In den Jahren 1604-1606 wird es aus den Mitteln des Gemeinen Kastens umgebaut. Man geht davon aus, dass bei diesem Umbau 3-4 Häuser zu dem langgezogenen Gebäude zusammengefasst wurden, das noch heute zu sehen ist. [9]

Weitere Umbauten und Sanierungen sind in folgenden Jahren am Bugenhagenhaus vorgenommen worden:

  • 1731-1732 [10]
  • 1907-1910
  • 2004–2007

Bis 1997 war es Amtssitz der Wittenberger Pfarrer und Superintendenten.

Alte Lateinschule/Altes Gymnasium

Die "Alte Lateinschule" oder auch das "Alte Gymnasium" an der Jüdenstraße (Nr. 38) findet der Besucher direkt gegenüber der Stadtkirche in nördlicher Richtung. Erbaut wurde diese Bildungseinrichtung um das Jahr 1564 als Lateinschule für Knaben Es ist ein direktes Zeugnis der Wirkung der lutherischen Reformation.

Für Martin Luther und Philipp Melanchthon war Bildung der Schlüssel zur Erlangung von Gottes Gnaden. Lateinisch "Sola fide", übersetzt: "allein durch Glauben" stellt die Quintessenz der reformatorischen Lehre dar: Die Menschen müssen in der Lage sein die Bibel zu lesen, zu glauben und dadurch Gottes Gnade zu erhalten. Allein damit befreien sich die Gläubigen von ihren Sünden. Ein Ablass ist somit nicht mehr notwendig. Deswegen ist die Kirchenreform auch als eine Schulreform zu betrachten, die die Menschen aus dem Mittelalter in die Frühe Neuzeit herüberholt. [11]

Immer wieder kam es zu Umbenennungen des Altes Gymnasium bzw. der Alten Lateinschule: [11]

  • Ab 1700 hieß die Alte Lateinschule "Lyceum"
  • 1828 wurde sie zum Königlichen Gymnasium
  • 1897 wurde sie zum Melanchthon-Gymnasium

1888 wurde in Wittenberg ein neues Gymnasium gebaut und die „Alte Lateinschule“ letztendlich verkauft. Das Haus wurde danach zunächst als Druckerei genutzt, später als Textilbetrieb. Schließlich stand es mehr als zehn Jahre leer. Ab 2015 ist hier das lutherische Studien- und Begegnungszentrum angesiedelt. [12]

Friedhof

An der Nordseite der Stadtkirche St. Marien, zwischen Bugenhagenhaus und der Alten Lateinschule, befand sich einer der innerstädtischen Friedhöfe Wittenbergs. Genutzt wurde er bis in das Jahr 1772. [13] Schon um 1520 gab es Bestrebungen, ihn außerhalb der Stadt anzulegen. Besonders Luther drängte auf eine Verlegung aus hygienischen Gründen. [14]

Bestattet waren hier außergewöhnlich viele Studenten. 1525 ihrer Namen sind zwischen 1563 und 1815 nachweisbar. Zumeist fielen sie der Pest und dem Dreißigjährigen Krieg zum Opfer. Ein Freund Philipp Melanchthons wurde hier ebenfalls beigesetzt, Wilhelm Nesenus ertrank im Sommer 1524 in der Elbe. Aufgelistet sind ca. 100 Namen im Buch über die Begräbnisstätten Wittenbergs vom Autor Ernst Zitzlaff aus dem Jahr 1896. [15]

Auf dem Kupferstich von 1760, von Christian Gottlieb Gilling, lässt sich erkennen, wie der Friedhof zur Jüdenstraße hin mit einer Friedhofsmauer abgegrenzt war. 2 Tore erlaubten den Zutritt. Steinbrücken überbrückten den "Faulen Bach". Er war einer der beiden Stadtbäche, die schon ab 1320 in die Stadt geleitet wurden.

**!** Der Absatz über den ehemaligen Friedhof an der Stadtkirche enthält noch relativ wenig Informationen. Vielleicht wissen Sie mehr darüber.
Erstellen Sie hier Ihr kostenloses Benutzerkonto und teilen Sie Ihr Wissen mit Anderen!

Fronleichnamkapelle

An der Südseite der Stadtkirche St. Marien befindet sich die auffällige, backsteinerne Fronleichnamkapelle oder auch "Kapelle zum heiligen Leichnam". Gestiftet wurde sie vom wohlhabenden Ratsherren Conrad Wyman um das Jahr 1368 (1377 [16]). Sein Wappen ist am Schlussstein an einem der Bögen im Inneren der Kapelle zu finden. Genutzt wurde sie für Begräbnisfeierlichkeiten, die von einer geistlichen Bruderschaft ausgeführt wurde. Ursprünglich war das die Aufgabe der Mönche (Minoriten) des Wittenberger Franziskanerklosters. Die hatten sich aber einiger Vergehen schuldig gemacht, weswegen sie diese Aufgabe nicht mehr erfüllten. Conrad Wyman schaffte daraufhin mit der Stiftung, bzw. dem Bau der Kapelle eine Alternative zum Begehen von Begräbnisfeierlichkeiten für die Wittenberger Bürger. [10]

Martin Luther hielt 1518 hier eine Rede, in der er zu einer Versammlung aufrief, in der sich Kirchenvertreter der römisch-katholischen Kirche über Fragen der Kirche und des Glaubens austauschen sollten (Konzil).

Um 1900 beherbergte die Fronleichnamskapelle den Verein für Heimatkunde und Heimatschutz. [10] Erhalten ist sie bis heute im Originalzustand.

Dies und Das

  • Frühneuhochdeutsch wurde ca. zwischen 1350 -1650 gesprochen. Besonders Luthers Bibelübersetzung ist als eine Vorstufe zum Hochdeutsch zu betrachten. [17]
  • Der Ablass bzw. das Ablasswesen entstand im 11. Jahrhundert und erreichte seinen Höhepunkt im 15. Jahrhundert. [18]
  • Errichtet wurde die Stadtkirche aus Feldsteinen bzw. Findlingen der Eiszeit, dessen Mauern zusätzlich mit Backsteinen durchsetzt wurden. [1]
  • In Stillmessen hatten die Priester ihre Texte vollständig, hörbar und mit bewegten Lippen zu sprechen. [19]
  • Zwischen 1555 und 1558 wird auf Kosten des Kurfürsten August von Sachsen die beiden 66 Meter hohen Türme in der Art umgestaltet, wie wir sie heute noch sehen. Die Kosten belaufen sich auf 2016 Gulden, 17 Groschen und 4 Pfennige. [20]
  • Die originale Kanzel, von der Martin Luther zu seiner Gemeinde predigte, wurde 1811 bei der umfangreichen Umgestaltung des Innenraums entfernt. Sie gilt als eine der ältesten Kanzeln Deutschlands. [21]
  • Melanchthons Frau, Katharina Krapp, wurde auf dem Friedhof an der Stadtkirche St. Marien beerdigt. [14]
  • Die Bauleitung, des um das Jahr 1565 erbauten Wendelsteins an der Stadtkirche, lag wahrscheinlich bei dem Baumeister Franz Freiwalt, der auch den Wendelstein am Lutherhaus errichtete. [22]

Anmerkungen

Belege